Freitag, 24. Juni 2022

New Waves Day IV - Oberhausen, 18.06.2022


Zwei Jahre musste die Fangemeinde auf den nächsten New Waves Day warten. Die weltweite Pandemie ließ einfach keine solchen Events zu. Doch am 18. Juni 2022 öffneten sich endlich wieder die Tore der Turbinenhalle in Oberhausen. Mit den immer noch leichten Auflagen gewiss ein Risiko, was sich letztlich gelohnt hatte, jedoch auch Opfer forderte! Die britischen Electro-Pop-Waver BLANCMANGE schaffte es erst gar nicht in das Ruhrgebiet, da ihr Flug gecancelt wurde. Somit starteten die verbleibenden Bands gute vierzig Minuten später. Vor ihrem Auftritt mussten dann THE DAMNED wegen einem positiven Covid-Test ebenfalls absagen - bitter, immerhin saß die Band startklar in ihrem Hotel. Damit war diese New Waves Day Auflage auf sechs Bands geschrumpft.

Als erstes betraten so die deutschen Gothic-Rocker von REPTYLE die Bühne der Turbinenhalle. Nach einigen Wechseln an Personal über die Jahre hinweg konnte nun mit Kai Roarside ein neuer Sänger präsentiert werden - und die schon gut zwanzigjährige Bandgeschichte weitergeschrieben werden. Ihr 35 minütiges Set peilte somit auf die jüngste Veröffentlichung 'Decrypt The Void', an dessen Songs der Sänger schon beteiligt war. Angenehm rockig kamen somit Lieder wie Timeworn oder der Titeltrack Decrypt The Void herüber, bei denen Kai auch zeigte, dass er sich auf der Bühne zu bewegen weiß und Leben auf diese bringt. Auch bei Klassikern wie dem Opener Just Another Message war er sattelfest und machten den recht kurzen Gig doch zu einem sehr gelungenen Auftakt in den New Waves Day des Jahres 2022. Guten Mutes kann man sagen, dass die westfälische Band gewiss noch etliche Jahre Musik machen werden, was sehr erfreulich ist...


REPTYLE
(photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com)

Recht zügig ging es mit der nächsten Gothic-Rock Band aus deutschsprachigen Landen weiter. Es war schon vorteilhaft, dass sich WHISPERS IN THE SHADOWS einiges an Equipment mit REPTYLE teilten. Mit dem Song Forever 1985 stieg die Band in ihr 35 minütiges Set ein, welches eine gelungene Mischung aus den mittlerweile auch schon über ein Vierteljahrhundert langen Bandgeschichte aufwies. Dunkler wurde die Bühne der Turbinenhalle bei dem Auftritt des Quintetts gehalten, was die Songs auf jeden Fall stimmiger herüberbrachte und die zahlreichen Fans erfreute. Mit Liedern wie A Song For The Radio oder Walk On The Mirror schufen die Österreicher eine tolle Atmosphäre in der langsam wärmer werdenden Halle, welche bis zum abschließenden Song Drowning Like The Moon anhielt. Wem der schattenhafte Auftritt von WHISPERS IN THE SHADOW gefallen hat - die jüngst veröffentlichte Compilation 'Gilding The Lily - A Retrospective 1996-2021' bietet den kompletten Hör-S toff des Auftritts...

WHISPERS IN THE SHADOW
(photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com)

Der Umbau für die nächste Band dauerte etwas länger, doch wer die Briten von AND ALSO THE TREES kennt, weiß, dass sie sehr professionell sind und jedes Mal einen perfekten Auftritt bieten möchten. Dies ist ihnen bei der 2022er Auflage des New Waves Day bestens gelungen. Schon der Einstieg mit dem fast episch zu nennenden Slow Pulse Boy nahm das Publikum von Anfang an durch das gut fünfzigminütige Set mit. Ob nun Sound oder Lichtanlage - bei allen Songs wie Your Guess oder Wallpaper Dying ging es auf dieser Reise durch das Werk des Quintetts nahezu perfekt zu. Sänger Simon Huw Jones samt Bruder Justin an der Gitarre und Bandkollegen wissen, wie man die sehr eigene Musik von AND ALSO THE TREES präsentiert. Der Highlight-Auftritt der Briten wurde dann sogar noch mit einem neuen Song versüßt, welcher sich In A Bed In Yugoslavia nennt und sich wunderbar in die Setlist einfügte. So schade es war, dass der Gig mit dem krachigen So This Is Silence gefühlt recht schnell endete, so groß ist die Freude auf kommendes der Jungs aus Großbritannien.

AND ALSO THE TREES
(photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com)


Ganz überraschend brachten die Electro-Goth-Rocker THE CASSANDRA COMPLEX in diesem Jahr ein neues Studioalbum auf den Markt. So war es klar, dass die Mannen um Sänger und Mastermind Rodney Orpheus gewiss einiges daraus in Ihre Setlist für den New Waves Day einbauen würden. Das bestätigte nach dem Intro The Invicible und dem Kultsong Nightfall (Over E.C.), der die Fans in der nun sehr warmen Location sofort mitnahm, bald mit Liedern wie Hotline To Elvis oder The Crown Lies Heavy On The King. Musikalisch unverkennbar aus der Mache von THE CASSANDRA COMPLEX waren die Songs bestens in dem fünfzigminütigen Set aufgehoben. Dieses war sehr lebendig, trotzdem an der Gitarre mit einem Ersatzmusiker gearbeitet werden musste. Qualitativ hochwertig, denn es fiel nicht auf. Mein persönliches Highlight war der ruhige und dunkle Track Ground, der live immer eine gewisse Dynamik entwickelt. Soundtechnisch waren die Engländer über jeden Zweifel erhaben und selbst Rodneys Deutschkenntnisse waren gar nicht mal so verwerflich. Die abschließenden Lieder Moscow Idaho und March sind Szeneklassiker und brachte das Publikum nochmal richtig aus dem Häuschen. Mit einem neuen Album im Gepäck darf man auf eine baldige Rückkehr der Band aus U.K. hoffen... 

THE CASSANDRA COMPLEX
(photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com)


Durch die zwischenzeitliche Absage von THE DAMNED, welche natürlich bitter war und die Macher des Festivals sich Gedanken über eine spätere Entschädigung machen ließ, waren es PINK TURNS BLUE, die spontan zusätzliche Spielzeit füllen wollten. Dies ist durch die mittlerweile sehr lange Historie sowie einem ziemlich neuen Album in der Tasche kein Problem für das Trio, welches vor noch gar nicht langer Zeit auf Tour war und dementsprechend flüssig auftreten konnte. Leider ließ nun der Gesang an Lautstärke wie Klang etwas zu wünschen übrig - da war wohl an den Mischpultreglern etwas nicht richtig eingestellt gewesen. Nicht das aller größte Problem, kannten die eingefleischten Fans sogar die neuen Songs allesamt in und auswendig. Beginnend beim Opener Not Even Trying und There Must Be So Much More, die beide von eben jenem neuen Werk 'Tainted' stammen, legten die deutschen Wave-Rocker ein fast neunzig minütiges Set hin, was eine tolle Mischung aus alt und neu darstellte. Leider vernachlässigt die Band in meinen Augen ihre tollen Werke 'Meta', 'Eremite' und ,Aerdt' fast schon sträflich - ziehen sie live aus diesen lediglich die zugegebenermaßen Knaller Your Master Is Calling sowie natürlich das eingängige Michelle. Ohne großartigen Schnickschnack legte PINK TURNS BLUE einen tollen Gig hin, der jedoch ein bisschen mehr Bewegung und einen besseren Sound am Mikrofon vertragen hätte. Mit dem bezaubernden If Two Worlds Kiss verabschiedeten sich dann schließlich die drei Veteranen und hinterließen ein glückliches und weiter gespanntes Publikum...  

PINK TURNS BLUE
(photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com)

Er stand als Headliner auf den Flyern und Tickets - da zumindest bei den neuen Drucken - und er wurde dem auch vollends gerecht. Die Rede ist von GARY NUMAN und seinen Mitstreitern. Mit einer beeindruckenden Lichtanlage, hämmernden Saiteninstrumenten, eingängigen Samples und einem treibenden Schlagzeug beendete der Electro-Wave Pionier mit seiner Band seine diesjährige Europatour genau auf diesem New Waves Day in Oberhausen. Und die Band samt ihrem charismatischen Sänger gab noch einmal alles. Beginnend bei dem Song Intruder, der vom jüngsten gleichnamigen Album stammt, über seine Klassiker wie Cars oder Metal bis zu der reißenden Zugabe ließen die Wahl-Amerikaner es gewaltig krachen und nahmen die Zuschauer regelrecht in den Bann. Besonders Titel aus dem neusten Output 'Intruder' waren es, die zu überzeugen wussten, um mit Betrayed oder I'm Screaming nur mal einige zu nennen. Numan forderte das Publikum - das Publikum forderte Numan. Die skurril anmutenden Musiker an den Saiteninstrumenten huschten zwischendurch über die Bühne und besorgten es sich auf ihre weise. Es waren tatsächlich packende achtzig Minuten, die ihr Ende in dem tollen Everything Comes Down To This und dem atmosphärischen The Gift passenderweise fanden. Ich kann nur empfehlen, GARY NUMAN unbedingt mal live zu erleben. Dieser Auftritt hatte es in sich... 

GARY NUMAN
(photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com)

Natürlich bot der 'Kulttempel', ein Szene-Location direkt um die Ecke erneut eine Aftershow-Partie, in der man mit Bekannten schnacken konnte, das Tanzbein schwingen oder gar sich schlicht den kühlen Getränken hingeben - und das nahezu bis Sonnenaufgang. Summa summarum war es eine gelungene Rückkehr des New Waves Day nach dieser Pandemie-Zeit. Aufgrund der immer noch geltenden Regeln musste jeder leider auf zwei Bands verzichten, was diese selber wohl am meisten getroffen hatte - denn auch diese scharren schon seit zwei Jahren mit den Hufen. Hoffentlich kehrt nun weiter Normalität ein ... und hoffentlich sehen wir uns bei einer weiteren Ausgabe im Jahre 2023 wieder!


Datum: 18.06.2022
Ort: Oberhausen
Location: Turbinenhalle
Spieldauer: Reptyle 35min. / Whispers In The Shadows 35min. / And Also The Trees 50min. / 
The Cassandra Complex 50min. / Pink Turns Blue 85min. /  Gary Numan 80min. 

Setlist REPTYLE:

01. End (Intro)
02. Just Another Message
03. Bless The Dead
04. Timeworn
05. Echoes
06. Decrypt The Void
07. Heroes Of The Working Dead

Setlist WHISPERS IN THE SHADOWS:
01. Forever 1985
02. The Arrival
03. Lost Souls
04. A Song For The Radio
05. Adrift
06. Walk On The Mirror
07. The Urgency Of Now
08. Damned Nation
09. Drowning Like The Moon

Setlist AND ALSO THE TREES:
01. Slow Pulse Boy
02. Brother Fear
03. Shantell
04. Your Guess
05. River Droite
06. In A Bed In Yugoslavia
07. Wallpaper Dying
08. Virus Meadow
09. Missing
10. 
So This Is Silence

Setlist THE CASSANDRA COMPLEX:
01. The Invisible
02. Nightfall (Over E.C.)
03. Hotline To Elvis
04. Bad Faith
05. VALIS
06. Ground
07. The Crown Lies Heavy On The King
08. Old Boys Network
09. Moscow Idaho
10. March

Setlist PINK TURNS BLUE:
01. Not Even Trying
02. There Must Be So Much More
03. So Why Not Safe The World
04. I'll Never Give Up
05. Walking On Both Sides
06. I Coldly Stare Out
07. Walk Away
08. Something Deep Inside
09. After All
10. Missing You
11. You Still Mean Too Much To Me
12. Michelle
13. Can't Be Love
14. When It Rains
15. State Of Mind
16. Your Master Is Calling
17. If Two Worlds Kiss

Setlist GARY NUMAN:
01. Intruder
02. Love Hurt Bleed
03. Halo
04. Metal
05. Pray For The Pain You Serve
06. Cars
07. A Black Sun
08. Pure
09. Is This World Not Enough?
10. A Prayer For The Unborn
11. The Fall
12. My Name Is Ruin
13. The Chosen
14. Are 'Friends' Electric?
Zugabe:
15. Everything Comes Down To This
16. The Gift

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