Die große Party hätte schon vor zwei Jahren starten sollen, dann waren nämlich die britischen Indie-Rocker von NEW MODEL ARMY an ihrem vierzigjährigen Band-Jubiläum angelangt. Allerdings schob die Pandemie sämtliche Feierlichkeiten in Form einer ausgiebigen Tour immer wieder nach hinten. So wurde nun im Jahre 2022 endlich die Möglichkeit genutzt und das Ganze als 40 + 2 bejubelt. Um dies zünftig mit den Fans zu feiern, wurde das mittlerweile schon traditionelle Weihnachtskonzert in Köln auf zwei Abende gestreckt - mit zwei verschiedenen Vorbands und sogar als Liveststream von der WDR Rocknacht. Ein Event, dass sich der gefühlt lebenslange Fan (wie ich es nun mal einer von vielen bin) nicht entgehen lassen sollte. Also ab ins rheinische Land zum Palladium...
Den Freitagabend eröffneten die deutschen Punk-Rocker von SLIME, was bestimmt sehr viele ältere Fans erfreut hatte, waren sie in derselben Zeit der Achtziger Jahre neben dem Headliner NEW MODEL ARMY sehr angesagt. Das Quintett legte dann auch los wie die Feuerwehr und heizten das Publikum mit Liedern wie Komm schon klar oder Sie wollen wieder schießen (dürfen) kräftig ein. Der seit gut einem Jahr als Sänger agierende ehemalige Straßenmusiker Tex Brasket hielt sich nicht mit vielen Worten auf; denn 'es ist keine Zeit zum Schnacken' - die Zeit sollte für Musik genutzt werden, da auch trotz einiger Auszeiten SLIME auf einen großen musikalischen Fundus zurückblicken kann. Mit Lieben Müssen und Sein wie die kamen neben dem erwähnten Opener etliche Songs des jüngst erschienenen Albums namens 'Zwei', was aufrichtig zeigte, dass die Band immer noch für gute Punk-Rock Songs zu haben ist und mit Tex außerdem einen tollen Songwriter hinzubekommen hat. Fehlen durfte auch nicht der Klassiker A.C.A.B., der wohl von vielen erhoffte Track Wir wollen keine Bullenschweine stand jedoch nicht auf der Setlist. Nach gut einer dreiviertel Stunde und einem Dutzend Liedern wurde sich erfreut bei dem Headliner bedankt und mit Heute Nicht von dem sehr gut aufgeheizten Publikum verabschieden. SLIME leben immer noch und haben bewiesen, dass sie auch noch nicht zum alten Eisen gehören - da ist noch Saft im Schleim!
SLIME
photo: © Ralf Michael Benfer / benfisworld.blogspot.com
Jede Menge Energie schienen auch noch die Headliner inne zu haben, waren die beiden Konzerte im 'Palladium' das Ende einer längeren Tour und insgesamt waren zum Jubiläum von NEW MODEL ARMY fünf Stunden Musik versprochen worden. Welche Songs das in dieser Zeitspanne nun sein würden, war eine der großen Fragen. Verheißungsvoll kam dann die Band mit dem uralten Track Christian Militia an den Start und hatte damit das ausverkaufte Palladium direkt im Griff. Mit den folgenden Liedern Ambition und Whirlwind war die Richtung der Setlist klar: im Sinne des Jubiläums wurde weit zurückgeschaut und diesen Rückblick mit ein paar jüngeren Songs aufgefrischt. Das zeigte gleichzeitig auch auf, welche Qualität noch nicht so alte Lieder wie Watch And Learn doch besitzen. Die Jungs um Gitarrist, Sänger und Mastermind können es einfach immer noch. Diese waren übrigens zum Großteil des Gigs nur als Quartett auf der Bühne, was dem druckvollen Sound im Palladium keinen Abbruch tat. Gepaart mit einer effektiven Lichtshow wühlten sich Musiker und Fans in alten Knallern wie Western Dream oder Today Is A Good Day, während ein wahrlich gigantisch vorgetragenes A Liberal Education auf die emotionale Tränendrüse drückte. Wie sagte es Justin so schön? "Wir haben viele Lieder über das Verhältnis der verschiedenen Generationen zueinander geschrieben - und nun stehen wir hier, mit grauen Haaren, hören immer noch diese Musik und haben selber Kinder." Auch Spirit Of The Falkland - ein Song aus den Gründerzeiten, konnte der Sänger nicht unkommentiert stehen lassen: "Wir haben damals einen Song über den unsinnigen kolonialen Krieg geschrieben - und Krieg gibt es immer noch auf der Welt." Nach dem Song The Hunt gab es einen etwas überraschenden Break - ich weiß nicht, ob das dem filmenden Team des WDRs geschuldet war, oder NEW MODEL ARMY einfach ihre zweite Vorband selber darstellen wollte. Egal - je mehr Musik des Headliners - umso besser!
Das zweite Set startete etwas akustischer; Justin bezauberte mit einem wunderbaren Better Than Them und mit den Songs Snelsmore Wood sowie Die Trying stiegen Gitarrist Dean White, Bassist Ceri Monger und Drummer Michael Dean wieder ins musikalische Geschehen ein. Justin zeigte sich überrascht, immer noch so viele Handys im Publikum zu sehen, wo doch vier Kameras mit einem millionenwert alles aufnehmen würden, aber trotzdem würden sie als Musiker immer wieder tolle Plätze der Welt sehen und erleben dürfen - wie zum Beispiel Köln ... zum siebenundvierzigsten Mal! Weiter ging die musikalische Reise mit Liedern wie White Coats und Vengeance - das Publikum tobte. Als plötzlich mit dem Violinist Ed Alleyne Johnson ein alter Wegbegleiter der Band auf die Bühne kam, vermischte sich auch der vertraute Folk-Spirit in die Songs der Briten - sogar bei rockigen Werken wie Innocence. NEW MODEL ARMY bot alles auf, besonders an alten Tracks; No Rest riss bald die Bude ein und nur durch ein liebliches Purity konnten die Fans wieder auf den Boden gebracht werden - um dann mit dem allerersten Song der Band das Set brachial zu beenden: Betcha. Ein wahrhaftiges Wellenbad der Emotionen, der Freude und befriedigender Musik.
photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com
Nein, es war noch nicht zu Ende; Justin und Co. hatten für das Finale noch drei Songs im Petto. Johnson durfte erstmal seine ganze Kunst an der Violine beweisen, als er einen der bekanntesten Songs anstimmte - richtig, das war natürlich Vagabonds. Anschließend knallten die Jungs den Zuschauern noch Stupid Questions um die Ohren, um den ersten Abend mit Tanzmusik zu beenden. Laut Justin keine Tsum, Tsum, Tsum Musik zum Tanzen, aber etwas, was sie dafür halten. Mit einem sehr aufregend arrangierten Poison Street endete mit zweieinhalb Stunden Musik quer durch das eigene Leben ein unglaublich bezaubernder Abend mit NEW MODEL ARMY - f**k ... die Briten sind live einfach Gold wert und haben dies mit diesem ersten Jubiläumskonzert und den vielen tollen alten Songs noch drastisch aufgewertet. Der zweite Abend durfte also so schnell wie möglich kommen!
photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com
Datum: 16.12.2022
Ort: Köln
Location: Palladium
Spieldauer: ca. 150 min.
Setlist:
01. Christian Militia
02. Ambition
02. Ambition
03. Whirlwind
04. Believe It
05. Western Dream
04. Believe It
05. Western Dream
06. Today Is A Good Day
07. Watch And Learn
08. A Liberal Education
09. Inheritance
10. Stranger
11. Spirit Of The Falklands
12. The Hunt
07. Watch And Learn
08. A Liberal Education
09. Inheritance
10. Stranger
11. Spirit Of The Falklands
12. The Hunt
15 Minutes Break
13. Better Than Them
14. Snelsmore Wood
15. Die Trying
16. Lovesongs
17. Red Earth
18. White Coats
19. Vengeance
20. Innocence
21. Orange Tree Roads
22. Devil's Bargain
23. Maps
24. Where I Am
25. Stormclouds
26. No Rest
27. Purity
28. Betcha
Zugabe:
29. Vagabonds
29. Vagabonds
30. Stupid Questions
31. Poison Street
31. Poison Street
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