NEW MODEL ARMY - Köln, 17.12.2022

 

Die große Party hätte schon vor zwei Jahren starten sollen, dann waren nämlich die britischen Indie-Rocker von NEW MODEL ARMY an ihrem vierzigjährigen Band-Jubiläum angelangt. Allerdings schob die Pandemie sämtliche Feierlichkeiten in Form einer ausgiebigen Tour immer wieder nach hinten. So wurde nun im Jahre 2022 endlich die Möglichkeit genutzt und das Ganze als 40 + 2 bejubelt. Um dies zünftig mit den Fans zu feiern, wurde das mittlerweile schon traditionelle Weihnachtskonzert in Köln auf zwei Abende gestreckt - mit zwei verschiedenen Vorbands und sogar als Liveststream von der WDR Rocknacht. Ein Event, dass sich der gefühlt lebenslange Fan (wie ich es nun mal einer von vielen bin) nicht entgehen lassen sollte. Also ab ins rheinische Land zum Palladium...

Der Erzählung von Frontfrau Cate Martin nach war es ein Anruf des Headliners NEW MODEL ARMY, der die Indie-Pop Band IVY FLINDT am Samstagabend als Vorband auf die Bühne ins Palladium brachte. Mit ihren netten Songs wie dem Opener I Like The Weather oder das tanzbare When You're Not Around sollten sie dem Publikum einheizen - eine klare Fehlentscheidung. Für das kommende waren die Lieder einfach viel zu sanft und gerade wer am Vorabend SLIME erlebt hatte, der wusste, wie richtig angefeuert wird. Da half die Aussage, dass IVY FLINDT Punks im Herzen seien, auch nicht mehr so viel. Der Funke kam bei Liedern wie dem ruhigen Give It A Break einfach nicht herüber und auch die Mitsingaufforderungen fruchteten gar nicht. Bezeichnend war wohl der große Jubel, als der letzte Song Nothing But You All Of My Mind angesagt wurde und die im Palladium als Quartett aufgetretene Band nach vierzig Minuten die Bühne verließ. Ich glaube, man sollte das Geschehen einfach als unpassend abhaken, als Vorband von NEW MODEL ARMY geht IVY FLINDT nicht auf...

IVY FLINDT

photo: © Ralf Michael Benfer / benfisworld.blogspot.com

Es war nun an Justin Sullivan und seiner NEW MODEL ARMY selber, die Stimmung aufzukochen. Mit dem Post-Punk Song Bittersweet ging das irgendwie ironische Werk vollends auf. Die Menge war sofort bei der Sache und tobte sich aus. Auch dieser Abend wurde vom WDR und seinem Rockpalast live übertragen und somit gab es ebenfalls eine knapp zwanzig minütige Unterbrechung. Bis dahin mischte Sänger Justin Sullivan mit seinen Kollegen Dean White an der zweiten Gitarre sowie am Synthesizer, Michael Dean an den Drums sowie Ceri Monger am Bass sowie weiteren Trommeln sehr durchdachte alte wie neue Songs. Ob nun das so wie der Titel alte 1984 oder das druckvolle Angry Planet - die Band wusste zu begeistern und brachte die Songs mit großer Spielfreude bestmöglich an die Zuschauer im Kölner Palladium. Dazu hielt sich Sullivan mit längeren Ansagen zurück und bemerkte gelegentlich einen oder zwei Sätze zum kommenden Song. Irgendwie fühlte sich dieses erste Dutzend an Liedern wie ein Warm-Up an; was aber auch bedeutete, dass man noch einiges tolles erwarten konnte, nachdem die Briten die Bühne für die Pause verlassen hatten - also schnell Bier holen und dann weiter mit NEW MODEL ARMY feiern...

Das zweite Set nahm dann ein wenig das grandiose Album 'Thunder And Consolation' ins Zentrum; wurden doch alle noch verbleibenden Songs nach dem Vorabend von diesem gespielt, wenn ich mich nicht vertan habe. So gab es die wundervollen Songs beginnend mit Family Life und 125 Mph, zwischen denen sich viel Knaller aus der Bandgeschichte mischten. Mit dem erstgenannten Song startete das zweite Set also dem Vorabend ähnlich, und die Bandkollegen stiegen auch hier wieder bei den folgenden Tracks Higher Wall und Marry The Sea ganz sanft ein. Knallig wurde es spätestens mit Here Comes The War und dem nachfolgenden Get Me Out. Diese Mischung von ruhiger Spannung und diesen wütend zu nennenden Tracks wirkte explosiv. Intensiv waren die ruhigeren Lieder - hier denke ich gerne an Before I Get Old zurück; was ein emotionsgeladener Vortrag von Justin und Co. welcher dann auch noch in den uralten Song Frightened überging - Glückseligkeit pur. Übrigens war der Violinist Ed Alleyne Johnson ebenfalls mit den anderen Jungs in das zweite Set eingestiegen. Somit war es eigentlich tödlich sicher, dass dieses Monument an Live-Musik, was NEW MODEL ARMY an diesem Abend abfeuerte, mit dem Klassiker schlechthin beendet wurde. Green And Grey nahm dann alle Fans nochmal richtig ein, wenn dies zuvor noch nicht geschehen war. Wahrlich berauscht ließen die Musiker die Fans im Saal des Palladium hinter sich - allerdings nicht für lange...

NEW MODEL ARMY

photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com

Auch am Samstag gab es eine Zugabe - besser gesagt: sogar zwei! Der Song Living In A Rose leitete ein wunderbares 225 ein, was nochmal die Dämme brechen ließ. War denn nun tatsächlich Schluss? Nee, nach einer etwas längeren Zugabe-Rufe-Pause wiederholten NEW MODEL ARMY tatsächlich einen Song des Vorabends, und zwar den, welchen die meisten Menschen neben Green And Grey nennen würden, um einen Song von der Band rauszuhauen: Vagabonds! Dieser machte genauso viel Laune wie am Vorabend und zeigte nochmal das tolle Violinspiel von Johnson, der das Lied wunderbar mit tollen Violinen-Loops durch eine solche Maschine jagte. An- wie abschließend kam dann eine Parole, die für diese beiden tollen Musik-Abende stellvertretend sein darf: I Love The World ... wenn sie denn so ist, wie auf den Konzerten von NEW MODEL ARMY. Die Weihnachtskonzerte 2022 in Köln waren einfach Referenzklasse! Wer leider nicht dabei sein konnte: beide Abende gibt es auf YouTube in voller Länge - enjoy...

Justin Sullivan

photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com

Datum: 16.12.2022

Ort: Köln

Location: Palladium

Spieldauer: ca. 155 min.

Setlist:

01. Bittersweet
02. Lust For Power

03. Never Arriving
04. 1984
05. The Charge

06. Lights Go Out
07. Grandmother's Footsteps
08. No Greater Love
09. Angry Planet
10. Headlights
11. Bad Old World
12. Fate

18 Minutes Break

13. Family Life

14. Higher Wall

15. Marry The Sea

16. Queen Of My Heart

17. Lurhstaap

18. Here Comes The War

19. Get Me Out

20. Guessing

21. Born Feral

22. Before I Get Old

23. Frightened

24. Did You Make It Safe?

25. 51st State

26. 125 Mph

27. Ballad Of Bodmin Pill

28. Green And Grey

Zugabe I:
29. Living In A Rose

30. 225

Zugabe II:
31. Vagabonds

32. I Love The World