Montag, 10. April 2023

DIARY OF DREAMS - Frankfurt, 19.03.2023


Ungewöhnlich lange mussten die Dreamer auf neue Aktivitäten ihrer favorisierten Band DIARY OF DREAMS warten. Und ganz plötzlich, früh im Jahre 2023 kam mit einer neuen Single namens The Secret nicht nur kleine Lebenszeichen der deutschen Elektro-Dark-Waver. Ein neues Album mit dem Titel 'Melacholin' war in den Startlöchern und damit auch eine verbundene Tour über zehn Stationen innerhalb Deutschlands. Kurz vor Tourstart folgte mit Viva La Bestia eine weitere Auskopplung, bevor es dann in Wuppertal mit den Liveauftritten losging, dem Städte wie Stuttgart oder Berlin folgten. Über die sozialen Medien konnten die Dreamer und natürlich auch alle anderen interessierten Musikfans die musikalische Reise passenderweise durch ein liebevoll gemachtes Tagebuch die jeweiligen Geschehnisse des Vortags nachvollziehen. Mir persönlich trieb es die Vorfreude in unglaubliche Höhen, denn ich wiederum war bereit für den Tour-Abschluss in Frankfurt. Den steten Support des zehntägigen Trips hatte das Duo von SEA OF SIN bestritten und war ohne Frage auch in der Batschkapp mit von der Partie, das Finale der Tour gebührend zu gestalten.

Etwas verwirrt war ich bei der Anfahrt; die Batschkapp war ganz woanders, als in meiner Erinnerung – na ja, sie war ja auch schon vor knappen zehn Jahren umgezogen und mein letzter Besuch bei den legendären Alien Sex Fiend in der alten Batschkapp also schon eine halbe Ewigkeit her. Reicht es da nur einmal den Kopf zu schütteln? – ich glaube nicht. In Mainhattan hatte ich die letzten Konzerte eher im Bett oder im Nachtleben besucht, wie ich rückblickend feststellen durfte. Ich muss aber sagen, dass der Geist der Vergangenheit liebevoll an dem jetzigen Standort der Batschkapp aufrechterhalten wurde, und dazu im Gesamtbild schmucker daherkommt. Ich muss wohl mal öfters checken, wer so in der Batsche spielt. 
Nahezu überpünktlich betraten dann SEA OF SIN; also Sänger Frank Zwicker und Klaus Schill mit seiner Gitarre die Bühne, welche mit einem Band-Banner, einem Laptop und einem Mikroständer schlicht ausgestattet war. Nachdem der Kapellmeister – so wurde der Computer liebevoll von den beiden Musikern genannt – gestartet war, begann ein musikalischer Flug, denn die Textzeile "When The Homeless Child Wants To Fly Away For A While" von dem Opener Truth vermittelte es treffend. Augen schließen und den Synth-Pop des Duos genießen. Die Aktionen auf der gut erleuchteten Bühne waren eher bescheiden; während Frank emotional die Lieder sang, arbeitete Klaus an seiner Gitarre herum, dessen Sound zumeist im Hintergrund zum Song beitrug und nur selten, wie in dem Track I Live My Life etwas aktiver und gar funky erklang. Umso klarer war der Sound in der Batschkapp und machte Songs wie High And Low, welches in den sozialen Medien aktuell mit einem neuen Videoclip versehen wurde, zu einem Hörgenuss. Da die beiden Jungs schon in den auslaufenden Achtzigern musiziert hatten, überkam den Besucher eine gewisse bittersüße Melancholie aus dieser sehr ausgeprägten Musik-Ära mit all ihren Romantic- und Synthie-Bands. Einen Geist, den SEA OF SIN einzufangen und mitzunehmen wissen. Das beweisen Lieder wie das flottere Synchronize oder What Are You Waiting For? Tolle Texte umschmeichelt von süßen Melodien. Ein wenig verwunderlich waren allerdings die Andeutungen der beiden, dass es auf der Bühne ziemlich warm zu sein schien. Nach einem überschwänglichen Dank an DIARY OF DREAMS und allen Helfern, die während der letzten Tage so tatkräftig unterstützt hatten; besonders beim Merch – da SEA OF SIN überraschenderweise ohne Label sind, brachten sie mit Beyond Sadness ihren letzten Song unter die Zuschauer und verließen nach guten fünfunddreißig Minuten unter starkem Applaus die Bühne.

SEA OF SIN
photo: © Ralf Michael Benfer / benfisworld.blogspot.com

Nun brach der letzte Auftritt der Elektro Dark-Waver DIARY OF DREAMS an. Euphorisch von der erfolgreichen Tour war die Band mit Sicherheit und so sollte dieser auch das würdige Ende gesetzt werden. Gewaltiger Applaus brach aus, als das Quartett die Bühne betrat und mit dem Song Mein Werk aus Zement in ihre Setlist einstieg. Da dies auch der Opener zum neuen Album 'Melacholin' ist, war klar, dass die heutigen Songs den neusten Output noch ein bisschen bekannter machen sollten. Dies war eigentlich nicht nötig; die Dreamer, wie die Die-Hard Fans der Band genannt werden, waren in den Texten sehr sattelfest und erkannten Songs wie The Secret oder Gedeih und Verderb schon an den ersten Tönen. Sänger Adrian tat schnell kund: „Wir sind wieder da…“ und das war nach einer doch längeren Zeit ohne Signale der Band gut so. Auf der zumeist spärlich beleuchteten Bühne – sieht man von Lichtblitzen aus den Scheinwerfern ab – sowie dem gefühlt stets vorhandenem Nebel gab das Quartett samt Adrian eine großartige Show ab. Die Songs waren neben den neuen Tracks bunt aus der Geschichte von DIARY OF DREAMS gemischt und ich finde rückblickend, es war für jeden etwas dabei. Gewiss misste jeder den ein oder anderen Song, doch dafür hatte der mittlerweile stark beharrte Mann am Mikro eine Erklärung: „Es ist erschreckend, dass nach all den Jahren die Energie weniger wird – man möchte gerne mehr; doch irgendwie … doch ihr seid noch immer da und das pusht nochmal.“ Gelegentlich nahm er einen Schluck Wein aus dem von Kellner Eike gereichten Glas; ansonsten trat der helfende Geist nur auf die Bühne, um Adrian die Gitarre zu reichen. Es ist übrigens eines der faszinierenden Dinge, die ich auf den Konzerten von den deutschen Elektro-Dark-Wavern so mag, dass die Songs von der Bühne herunter viel Gitarren-lastiger sind. Ob nun ältere Songs wie She And Her Darkness oder neuere Kracher wie Beyond The Void, wenn Adrian den Sechssaiter zur Hand nahm und sich mit Gitarrist Hilger Tintel befeuerte, wurde es wahrhaftig rockiger. Auch für die letzten drei bitteren Pandemie-Jahre hatte der Frontmann ein paar Worte übrig, doch widmete dem Ganzen lieber den Song The Plague, bevor mit The Curse ein hitziges Finale eingeleitet wurde.

DIARY OF DREAMS
photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com

Natürlich gab es eine Zugabe; doch hierzu feuerte erwähnter Eike die Fans zuvor noch an, damit DIARY OF DREAMS unter tosendem Applaus zurück auf die Bühne kehrte. Überraschend schaffte es mit The Fatalist ein neues Lied in die Verlängerung. Für den Überflieger Song Butterfly:Dance! bat Drummer Dejan Nikolic eingangs nochmal um Beifall, bevor die dritte Zugabe ein sehr emotionale Ausgabe von dem Song Traumtänzer darstellte. Hierzu waren nur Keyboarder Felix Wunderer, der die gesamte Zeit in einem futuristisch wirkenden Aluminium-Anzug zugegen war, sowie Adrian selbst am Werk. Eine wahrhaft traumhafte Interpretation. Mit viel Dank an das Publikum und alle Dreamer auf dem Globus, ohne dass es weder das neue Album noch die Tour gegeben hätte, verschwanden dann DIARY OF DREAMS nach wunderbaren 130 Minuten von der Bühne. Diese Tour ist nun Geschichte. Persönlich könnt ihr die Band in diesem Jahr aber noch auf dem ein oder anderen Festival antreffen. Carry on, Dreamer…

Adrian Hates
photo: © Ralf Michael Benfer - benfisworld.blogspot.com


Diesen Bericht ermöglichten Contribe und Monkeypress - vielen lieben Dank!

Datum: 19.03.2023
Ort: Frankfurt
Location: Batschkapp
Spieldauer: ca. 130 min.

Setlist:
01. Mein Werk aus Zement
02. Epicon
03. Menschfeind
04. Gedeih und Verderb
05. The Wedding
06. Ikarus
07. The King Of Nowhere
08. Beyond The Void
09. Listen And Scream
10. She And Her Darkness
11. Viva La Bestia
12. Sister Sin
13. The Secret
14. Kingdom
15. Decipher Me
16. The Plague
17.The Curse
Zugabe I:
18. The Fatalist
19. Undividable
Zugabe II:
20. Butterfly:Dance!
Zugabe III:
21. Traumtänzer

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